Eine gelbe Jeans und eine Gewissensfrage

Ginger Jeans in Gelb - Closet Case Patterns - Schneidersitz

Eine gelbe Jeans ist ja eigentlich ein ganz unverfängliches Kleidungsstück. Mich allerdings hat sie in tiefe Gewissenskonflikte gestürzt. Gelb und ich haben ein gespaltenes Verhältnis. Als Kind war es meine absolute Lieblingsfarbe. Ich warte seit Jahren darauf, dass IKEA diese tolle gelbe Deckenlampe wiederauflegt, die damals in meinem Zimmer hing. Als Teenager besaß ich eine gelbe Polyesterstretchhose im Batiklook, die ich wahnsinnig cool fand (So war das halt in den Neunzigern. Auf dem Land.). Später gab es dann etwas stilvollere Gürtel, Taschen, Schuhe in Sonnengelb, Neongelb, Zitronengelb. Zwischendurch auch mal ein T-Shirt, das sich aber nicht so gut mit meiner Gesichtsfarbe vertrug und deshalb umgefärbt werden musste. Was allerdings meine Begeisterung für Gelb nicht trübte.

Ginger Jeans in Gelb - Closet Case Patterns - Schneidersitz

Alles änderte sich erst, als ich nach Dortmund zog. Gelb ist hier so eine Art religiöse Farbe – nämlich die des lokalen Fußballbundesligaklubs. Gelb, in der Regel in Kombination mit Schwarz, sieht man hier immer und überall – auf Autoaufklebern, Plakaten, jeglichem Nippes und manchmal sogar auf eigens dortmundisierten Lebensmittelverpackungen. Schwarzgelbe Schals oder Trikots werden auch außerhalb des Stadions, zum Beispiel bei Ausstellungseröffnungen oder im Restaurant, gerne getragen. Nun spielt jedoch mein Lieblingsverein in Königsblau, einer Farbe, die in Dortmund nicht gerne gesehen wird. Das öffentliche Tragen von Königsblau kann mitunter recht aggressive Reaktionen auslösen, weshalb ich mich im Stadtgebiet auf das Tragen unverdächtiger königsblauer Kleidungsstücke, etwa Handtaschen, beschränke. Gelb hingegen vermeide ich, wo es nur geht, um bloß nicht für eine von denen gehalten zu werden.

Ginger Jeans in Gelb - Closet Case Patterns - Schneidersitz

Da ich Gelb aber immer noch mag, überkommt mich ab und an eine gewisse Sehnsucht. Und so entstand irgendwann im letzten Jahr der große Wunsch, eine gelbe Jeans zu nähen. Weil Denims in der richtigen Farbe (möglichst weit weg vom BVB-Gelb) gar nicht so leicht zu finden waren, hatte ich fast schon (halb erleichtert) aufgegeben, als mir in Stoffladen Nr. 4 doch noch das richtige Material begegnete. Nach der Wäsche landete er dann aber erstmal im Schrank, weil andere Projekte Vorrang hatten – und weil sich gelegentlich innerer Widerstand regte. Als Selmin Ende des Jahres mit der 12 Colours of Handmade Fashion-Aktion rausrückte, galt mein erster Gedanke der gelben Jeans, zu deren Fertigstellung ich dann ja zu gegebener Zeit quasi gezwungen sein würde. Und hier sind wir jetzt, die gelbe Ginger Jeans und ich.

Ginger Jeans in Gelb - Schneidersitz

Der Schnitt von Closet Case Files hängt vermutlich mittlerweile in jedem zweiten Nähnerd-Kleiderschrank. Es macht aber auch einfach Spaß dem gut erklärten Sew Along zu folgen. Ich habe die Highwaist-Variante gewählt, die wirklich hoch sitzt. Ich finde das aber ganz angenehm, weil der Bauch auch nach dem zweiten Stück Kuchen noch gut eingepackt ist und man sich damit auch mit kurzen Oberteilen bücken kann, ohne ein Bauarbeiterdekolletee freizulegen. Die Hose passte obenrum auch gleich super. Nur die Beine habe ich ab der Mitte der Oberschenkel noch etwas verschmälert. Nachdem ich meine Ansprüche an den perfekten Sitz nach dem Drama in Beige deutlich heruntergeschraubt habe, kann ich auch mit den Falten ganz gut leben.

Ginger Jeans in Gelb - Schneidersitz

Das Topstitching habe ich mit normalem Garn gemacht, da ich bei den dickeren keins gefunden habe, das farblich gut gepasst hätte. Auch auf Nieten habe ich verzichtet, so dass der Hose jetzt ein paar der typischen Jeanselemente fehlen. Ich mag die schlichte Variante aber auch sehr gerne. Als kleinen Kontrast gibt es dann nur innen das Taschenfutter aus einem Rest Streifenstoff (aus dem ich mal diese Bluse gemacht habe, die auch super zu der Jeans passt).

Ginger Jeans in Gelb - Schneidersitz

Schon Mitte April war die Hose fertig und so konnte ich sie bereits in verschiedenen Kombinationen tragen. Ich bin positiv überrascht, mit wie vielen anderen Farben sie doch harmoniert – neben denen, die ich unten zeige, zum Beispiel auch mit Korallrot oder Mint. Mein Lieblingsoutfit ist aber definitiv das mit dem grauen Shirt (nicht selbst genäht, total verzogen (Da hat wohl jemand nicht auf den Fadenlauf geachtet, tss tss), aber trotzdem sehr geliebt).

Ach, was soll’s: Da ich ohnehin nie Schwarz trage, ist die Wahrscheinlichkeit mit der gelben Ginger für eine Anhängerin dieses … Vereins gehalten zu werden eher gering. Und falls doch, kann ich das ja durch meine königsblaue Handtasche neutralisieren.

Glückauf!

Christine

P. S.: Ginger tanzt heute auch bei RUMS und der gelben Aprilshow von Tweed & Greet.

Etwas in Gelb

Ginger Jeans in Gelb - Closet Case Patterns - Schneidersitz

Jeans, neu genäht
Schnitt: Ginger, View B, von Closet Case Patterns
Material: Denim von Javro Dortmund, Taschenfutter und Knopf aus den Tiefen des Materialschranks

Die Kombinationen

Outfit mit Ginger Jeans in Gelb - SchneidersitzGelb-Palette-3-Schneidersitz

Shirt: selbstgenäht, Top Sirocco von Dessine moi un patron; Strickjacke: Zero; Schuhe: Görtz

 

Outfit mit Ginger Jeans in Gelb - SchneidersitzGelb-Palette-2-Schneidersitz

Shirt: selbstgenäht, Kimono-Tee von Maria Denmark, Schuhe: Tamaris, Schal: wolkesieben, Dortmund

Outfit mit Ginger Jeans in Gelb - SchneidersitzGelb-Palette-1-Schneidersitz

Shirt: Hippie Love, Schuhe: Adidas

Ein Mantel in Pink. P-I-N-K

Mantel in Pink - Schneidersitz

Pink! Nachdem mich das Februar-Beige bei 12 Colours of Handmade Fashion weder farblich noch schnitttechnisch vollends überzeugt hatte, habe ich innerlich (weil gerade in der S-Bahn) gejubelt, als Selmin mit der Märzfarbe Pink  herausrückte. Endlich mal ’ne richtige Farbe! Ich hatte auch gleich eine Idee. Vor einigen Jahren gab es bei Benetton Trenchcoats in verschiedenen Knallfarben. Ich legte mir einen in leuchtendem Blau zu, den ich bis heute sehr, sehr liebe. Aber trotzdem habe ich es immer ein wenig bereut, nicht den pinkfarbenen Mantel genommen zu haben. Da kam mir Selmins Challenge also ganz gelegen.

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No Beige-Bashing! Oder: Eine Hose mit Hindernissen

Beige-Chinohose-3-Schneidersitz

Als Selmin Anfang Februar Beige zur aktuellen Farbe bei den 12 Colours of Handmade Fashion erklärte, hielt sich meine Begeisterung in Grenzen. Weil ich aber auch nicht kneifen wollte, dachte ich mir eine superschlaue Strategie aus: Einfach etwas nähen, das schnitttechnisch so herausfordernd ist, dass die Farbe zur Nebensache wird. Soviel vorweg: Die Strategie ist aufgegangen. Dass meine neue Hose beige ist, war am Ende wirklich mein geringstes Problem. Allerdings könnte es sein, dass ich von nun an bis an mein Lebensende Schreikrämpfe bekomme, wenn ich auch nur das Wort „Beige“ höre, weil es jetzt für immer untrennbar mit diesem nervenzehrenden Projekt verbunden sein wird. Zur Vorbeugung starte ich jetzt direkt mal mit dem therapeutischen Schreiben.  … weiterlesen …

Thelma – eine planlose, pannenfreie Jacke

Jacke Thelma - La Maison Victor - Schneidersitz

Manchmal kosten Nähprojekte Nerven, obwohl man sie vorher haarklein durchgeplant und bestens vorbereitet hat. Und manchmal läuft alles total glatt, obwohl es überhaupt keinen Plan gibt. So war das mit meiner neuen Jacke Thelma. …

Für meinen im Januar gestarteten Nähkurs hatte ich mir vorgenommen, eine Jacke zu nähen. Stoff lag schon seit einer Weile bereit. Nur der passende Schnitt ließ auf sich warten. Etwas länger sollte sie sein, ohne Kragen und ohne Verschluss. Eher eine Art Cardigan, aber aus Webstoff. Mangels Alternativen entschied ich mich dann für eine verlängerte Version von „Mona“ aus La Maison Victor, die ich schon ewig nähen will. Der Schnitt war längst abgepaust und ausgeschnitten, auf Instagram hatte ich die Pläne auch schon verkündet, aber irgendwas störte mich und so blätterte ich mich noch mal durch meine gefühlt 1637 Schnittmuster. … weiterlesen …

Blusen-Sew-Along: Blumen für Finalistin Elsa

Bluse Elsa, La Maison Victor, Schneidersitz

Durch den Blusen-Sew-Along habe ich in den letzten drei Wochen so viele Blusenschnitte, Blusenstoffe und eben Blusen gesehen, dass ich auf der einen Seite vor lauter Inspiration nur noch Blusen nähen möchte und auf der anderen Seite jetzt auch erst mal genug habe von Blusen. Ein merkwürdiger Zustand. Blusen-Blues nennt man das wohl. Kommen wir jetzt aber zu meiner Bluse. … weiterlesen …

Blusen-Sew-Along: Schnittmustertetris mit Elsa

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Nachdem ich in der letzten Woche noch ratlos alle möglichen Schnitt-Stoff-Kombinationen im Kopf durchspielte, bin ich heute schon einen großen Schritt weiter. Danke für alle Eure Anregungen, hier und bei Instagram. Ein besonderer Dank geht an Lena, die mich dazu angeregt hat, noch mal kritisch zu hinterfragen, was für ein Blusentyp ich eigentlich bin. Und so schön ich Schluppen und Volants an anderen auch finde: „verspielt“ oder „romantisch“ sind Eigenschaften, die auf mich einfach nicht zutreffen.

Die Wahl fiel schließlich auf den Schnitt Elsa von La Maison Victor, ein klassischer Schnitt mit Kragen, Schulterpasse und verdeckter Knopfleiste. … weiterlesen …

Capsule vs. Colourful – ein grüner Pullover und ein paar Gedanken über Farben

Grüner Pullover - Burda - Schneidersitz

Selten habe ich mir beim Nähen eines Kleidungsstückes so viele Gedanken gemacht wie bei meinem neuen grünen Pullover. Und dabei ging es noch nicht einmal um den Pullover, sondern um die Frage, wieviel Farbe in (m)einen Kleiderschrank gehört.

Eigentlich hatte ich geplant mich 2017 wieder intensiver mit den verschiedenen Capsule Wardrobe-Konzepten zu beschäftigen. Doch dann verkündete Selmin von Tweed & Greet das Motto ihrer neuen Aktion: 12 Colours of Handmade Fashion. Im ersten Moment war ich etwas verstört, denn diese beiden Ansätze schienen sich zu widersprechen. Auf der einen Seite geht es um „Weniger“ – weniger Kleidungsstücke und auch weniger Farben. Auf der anderen Seite ist das Motto „Mehr“, nämlich „Mehr Farbe im Kleiderschrank“. … weiterlesen …